Maria Thun Aussaattage 2020
Ost-europäische Konferenz über anthroposophische Heilpädagogik und Sozialtherapie in Varna/ Bulgarien, 28.-30.Juli, 06 > Bericht von Edith Moor
In Bulgarien werden zurzeit grosse Anstrengungen gemacht, um die Qualität der viel zu grossen, veralteten Sozialheime zu verbessern. Viele von ihnen müssen auf Januar 2007 geschlossen und neue Lösungen für die Betreuung, Pflege und Beschäftigung der Waisenkinder und der Kinder und Erwachsenen mit körperlicher, psychischer und geistiger Behinderung gefunden werden. Viele neu gegründeten Vereine und Stiftungen nehmen sich dieser Herausforderung nun an und bauen in Zusammenarbeit mit Gemeindebehörden neue Formen von Sozialleistungen auf, wie Tageszentren, geschützte Wohnungen, Haushilfe etc. Die Integration der Behinderten in Schule, Beruf und Gesellschaft hat begonnen. Vom Ausland werden dafür Geld und Kurse zur Verfügung gestellt, ergänzen die geringen staatlichen Beiträge an diese Institutionen. Diese ganze Bewegung ist nach einigen Pilotprojekten jetzt auf Gesetzesebene erst ermöglicht worden und noch ganz im Anfang.
Dabei realisieren die Menschen, dass Ihnen von ihrer Ausbildung und Erfahrung her vieles fehlt, um die neuen Modelle in einer neuen Art durchzuführen. Deshalb sind sie im Allgemeinen sehr offen für den Erfahrungsaustausch, für neues Wissen und neue Methoden, wie z.B. die Kunsttherapie. Dass sie aber durchaus auch offen für ein neues Menschenbild gegenüber den behinderten Mitmenschen sind und für sie die spirituelle Seite des Lebens nicht mehr ein Tabu in der Gesellschaft bleiben muss, hat sich an dieser ersten Konferenz über anthroposophischer HP und ST in Varna am Schwarzen Meer gezeigt.
Durch die Mithilfe einer interessierten bulgarischen Arbeitsgruppe und Mitgliedern der anthroposophischen Gesellschaft Bulgariens, ist die Information über die Konferenz im ganzen Lande gut verteilt worden und viele haben sich dafür angemeldet.
Die Konferenz wurde auch angekündigt als Information für ein längeres Seminar zum gleichen Thema und sollte am 2.und 3. Tag die Form dieser Ausbildung mit der aktiven Beteiligung an den Kunstworkshops zeigen.
Vorbereitet wurde die Form und die Inhalte der Konferenz mit Hilfe von Rüdiger Grimm (Konferenz für HP und ST, Goetheanum), Bernard Heldt (ECCE, Holland) und der Projektleiterin Edith Moor (Pädagogin und Behindertenbetreuerin, Schweiz). Ebenfalls beteiligten sich Marijke Bijloo (Heilpädagogin, Psychologin), Alexandra Buijsmann (Heilpädagogin, Waldorflehrerin) und Sil Wallis (Heilpädagoge, Kunsttherapeut und Waldorflehrer) im holländischen Team.
Dazu wurden Gast-Dozenten aus den umliegenden Ländern Bulgariens eingeladen, die bereits eine längere Erfahrung im Aufbau der anthroposophischen HP und ST hatten. Es konnten dafür gewonnen werden: Theres Junker (Simeria, Rumänien), Valerya Medvedeva (Charkov, Ukraine), John Byrde (Urlati, Rumänien), Georg Lignos (Estia Agios Nikolaus, Griechenland), Tamara Isaeva (Moskau, Russland), Gruia Constantin (Corabia, Bukarest), Mircea Savu (Pantelimon, Rumänien), Juliana Naum (heilp.Schule Bukarest). Mit als Gäste kamen Remus, Vlad und Cristi, drei betreute Jugendliche aus Pantelimon, die durch Ihre Präsenz und Aktivität alle beeindruckten und ein Beispiel für die antroposophische Sozialtherapie waren. Sie alle stellten in Wort und Bild ihre Institutionen und deren Entwicklungsgeschichten vor. Gerade dadurch sollte eine nachbarschaftliche Solidarität und ein Interesse aneinander geweckt werden. Waren es doch Erfahrungen, die sich mit der Situation Bulgariens vergleichen liessen und die ihnen Mut zur Eigeninitiative geben sollten.
Von der bulgarischen Seite beteiligten sich die Eurythmistin Diana Demireva, die bulgarische Musikerin Neva Krysteva, sowie einige sehr kompetente Uebersetzerinnen und freiwillige Helfer. Zwei Bulgarinnen erzählten über ihre Ausbildungen und heilpädagogischen Tätigkeiten im Ausland. Die Medien, vertreten durch TV, Radio und Zeitungen, zeigten sich interessiert, machten Interviews und filmten verschiedene Male während der Konferenz.
Die Konferenz begann mit einem einführenden Vortrag Bernard Heldts über „die Bedeutung der behinderten Menschen in unserer Gesellschaft, unsere Herausforderung und Aufgabe dabei“. Er stellte auch die europäische Charta der Menschenrechte und die internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet vor. Dies löste gleich zu Beginn ein Gespräch mit einem orthodoxen Priester aus, der als Konferenzteilnehmer selber in sozialen Projekten mitwirkt. Im Laufe der Konferenz wurde es immer deutlicher, dass zwischen Kirche und Anthroposophie eine gegenseitige Solidarität und Unterstützung möglich ist und das christliche Gedankengut und das soziale Engagement für den Mitmenschen die Brücke bildet. Auch die Teilnehmer aus Russland, der Ukraine, Rumänien und Griechenland bestätigten eine wachsende Akzeptanz der orthodoxen Kirche. Der Freitagabend galt der kulturellen Begegnung, wobei sich auch zwei bulgarische Behinderten Organisationen mit Wort und Gesang vorstellten.
Diese, sowie die verschiedenen Gast-Institutionen, stellten während den 3 Tagen die kunsthandwerklichen Arbeiten ihrer betreuten Kinder und Jugendlichen vor. Es sollte auch da ein Austausch und durch den Verkauf der Produkte eine Solidarität stattfinden. Der Samstag galt dem praktischen anthroposophischen Weg und der Betrachtung des individuellen Menschen mit seiner spezifischen Behinderung. Der Sonntag war der vertieften Betrachtung der HP und ST, sowie der Bildungsmöglichkeiten und Fortsetzung in Bulgarien gewidmet. In drei Workshop-Blöcken konnten die TeilnehmerInnen die Eurythmie, das Malen und die Musiktherapie kennenlernen, welche sehr grosses Interesse und Begeisterung auslösten. Zuletzt gab Bernard Heldt einen kurzen Überblick über die Vielfalt der Ausbildungsstätten auf der ganzen Welt und betonte dabei deren Individualität und Anpassung an die jeweiligen bildungs- und sozialpolitischen Gegebenheiten, aber auch deren gemeinsamen Zusammenarbeit und trinalen Methode, der Kombination von Theorie, Kunst und Praxis. Er ermunterte die TeilnehmerInnen zu neuen Initiativen auf und betonte, wie die Bewegung in allen Ländern mit kleinen Initiativgruppe begonnen, die anthroposophische HP und ST aber in den meisten dieser Ländern nun staatliche Anerkennung und Unterstützung erlangt hatte.
Nun stellte Diana Demireva, als Präsidentin, den neu gegründeten Verein „Opora“ (Unterstützung), zur Förderung der HP und ST in Bulgarien vor. Sie orientierte über das geplante Fortbildungsseminar in Form von Wochenkursen über die Schulferien, wozu sich denn auch schon an die 50 TeilnehmerInnen interessiert zeigten. Edith Moor orientierte abschliessend über ihre neue Initiative zur Gründung einer sozial-therapeutischen Wohn- und Arbeitsgemeinschaft. Sie wird nun, zusammen mit dem Verein „Opora“, die weitere Organisation einer Seminar-Ausbildung und die Realisierung einer ersten sozialtherapeutischen Institution weiterverfolgen.
Für diese wurden bereits Gespräche mit einer ländlichen Gemeinde aufgenommen, wo sich ein leerstehendes Schulgebäude dazu anbieten würde. Leerstehendes Kulturland könnte die Möglichkeit zu einem gleichzeitigen Aufbau einer bio.dyn. Landwirtschaft geben. Denn der Impulse zur Gründung einer sozialtherapeutischen Gemeinschaft ist auch ein Impuls zur Aktivierung und Harmonisierung auf allen Ebenen der Kultur und Gesellschaft, welche in diesen Ländern in ein Ungleichgewicht geraten sind und was u.a. eine Ausgrenzung der Behinderten aus der Gesellschaft zur Folge hatte. Die Anteilnahme und Verbindung mit ihnen wird eine grosse Bereicherung für alle bedeuten, im Sinne des Konferenz-Themas „ Wir sind alles Menschen mit Möglichkeiten“. Menschen zur Unterstützung und Mithilfe sind gesucht:
Kontaktperson:
Edith Moor-Vasilev,
edith.moor@bluewin.ch,
Weihernstr.7, 4533 Riedholz,
Tel: 0041 32 6236330.